

Auch Lehrer profitieren vom inklusiven Unterricht
In Heiden lernen Kinder mit und ohne Handicap seit 1998 gemeinsam
Von Marita Rinke
HEIDEN. Vor einem Jahr hat die Landesregierung „inklusive Bildung an allgemeinen Schulen in NRW“ gesetzlich verankert. Ihr Ziel: Der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen soll der Normalfall werden. An der Marien-Grundschule ist gemeinsames Lernen bereits seit 1998 Programm. Von ihren Erfahrungen profitieren nun auch Schulen im Regierungsbezirk Münster.
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„Alle Kinder bei uns haben besondere Fähigkeiten und sollen hier ihre Potenziale entfalten können“, betont Schulleiterin Birgit Möllers. Wer beispielsweise Schwierigkeiten im sprachlichen Bereich habe, könne dafür gut rechnen. Wer in seiner Bewegung eingeschränkt sei, habe dafür Stärken im musikalischen Bereich. Wichtig sei, die Kinder in ihren Fähigkeiten zu bestärken und sie gezielt zu unterstützen, wo sie Hilfen brauchen, statt sich auf ihre Schwächen zu konzentrieren. Die Freude am Lernen sei schließlich der beste Antrieb für alle Kinder. Ein gutes soziales Klima helfe dabei.
„Die Kinder lernen voneinander“, unterstreicht Susanne Endraß, eine von zwei Sonderpädagoginnen an der Schule. Mit den Klassenlehrern fördert sie die Mädchen und Jungen, die Unterstützung benötigen. Aktuell gehören zu den 309 Erst- bis Viertklässlern acht Kinder mit Förderbedarf in den Bereichen „Sprache“ (2), „Lernen“ (4) und „Emotionale und soziale Entwicklung“ (2). Außerdem werden etwa 15 Kinder „präventiv gefördert“.
Die gezielte Arbeit mit den Kindern im gemeinsamen Unterricht ist dabei ein Part der Sonderpädagoginnen. Vor allem aber planen sie gemeinsam mit den Grundschullehrern den Unterricht. „Wir sprechen Lernziele und -inhalte ab“, erläutert Endraß. So werde beispielsweise geschaut, welche Materialien eingesetzt und wie Gruppen zusammengesetzt werden können, um die Schwächeren im gemeinsamen Unterricht individuell zu fördern. Von Vorteil dabei sei auch die zeitnahe Reflexion des Unterrichts.
„Nicht nur die Kinder profitieren vom gemeinsamen Unterricht, auch die beteiligten Lehrkräfte“, ist Möllers überzeugt. Die sonderpädagogischen Erfahrungen, Methoden und Kompetenzen würden so in die Grundschulpädagogik einfließen und umgekehrt.
(Borkener Zeitung, 8. Oktober 2014)

Wo Schule an ihre Grenzen gerät, zeigen Endraß und ihre Kollegin Eltern Möglichkeiten auf, wo Kinder außerhalb von Schule weiter gefördert werden können. „Ergotherapie, Logopädie, heilpädagogisches Reiten“, nennt Endraß zum Beispiel.
Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne gezieltem Förderbedarf sowie die Zusammenarbeit von Grundschullehrern und Sonderpädagogen ist an der Marienschule über die Jahre gewachsen. Die Tatsache, dass es in Heiden nur eine Grundschule gibt, habe es möglicherweise einfacher gemacht, zum Beispiel weil die Größe der Eingangsklassen auf maximal 24 Kinder festgesetzt werden konnte. Jetzt gelte es die Strukturen bewusst weiterzuentwickeln, betont Möllers. Denn Ziel müsse es sein, „dass Menschen sich wohl fühlen in bunten und gemischten Gruppen und dass sie erkennen, das soziales Miteinander bereichernd sein kann – nicht nur in der Grundschule“.