

Ein kleines Orchester bilden die Zweitklässler, die mit Begeisterung fünf unterschiedliche Instrumente erlernen. Foto: Rinke
Zweitklässler setzen den Bogen an
Orchesterschule in Heiden weckt bei Grundschülern Begeisterung für Instrumente
Von Marita Rinke
HEIDEN. „Soll ich dir mal was vorspielen?“, fragt Simon (7), legt die Geige an und streicht den Bogen über die Saiten. „Das quietscht“, hatte er vorher schon gewarnt. Dennoch: „Alle meine Entchen“ ist schon herauszuhören – auch als seine drei Freunde in das spontane Konzert einstimmen.
André Baumeister, der diese Situation aus der Distanz miterlebt, schmunzelt. „Ein Instrument zu beherrschen, ist ein langer Weg“, weiß der Dirigent der Heidener Musikkapelle. Auch er hat seine musikalische Laufbahn in der Grundschule begonnen. „Allerdings nicht mit der Geige, sondern mit der Blockflöte.“
Was zählt in diesem Alter, sei nicht die Perfektion. Die Zweitklässler hätten schließlich eben erst begonnen mit ihrem Unterricht. „Entscheidend ist die Begeisterung für die Musik und das Instrument“, betont Baumeister. Und diese strahlen die 26 Mädchen und Jungen derzeit aus, die seit den Sommerferien in der neu gegründeten Orchesterschule der Musikkapelle Heiden ein Instrument erlernen.
„Einmal jede Woche, in der sechsten Stunde, haben wir Unterricht – manche auch in der fünften Stunde“, erzählt Lina aus der 2a. Sie hat sich wie ihre Freundin Ella für die Gitarre entschieden. „Damit kann man Weihnachten schon ganz schöne Lieder spielen“, hat sich die Zweitklässlerin ausgemalt. Pauline hingegen wählte mit vier weiteren Zweitklässlern die Klarinette. „Meine Mama und meine Cousine spielen auch Klarinette.“
Zum Ende des ersten Schuljahres hatten die Marienschüler Gelegenheit, sämtliche Instrumente kennen zu lernen. „Ich habe Geige, Kontrabass und Bratsche ausprobiert“, berichtet Jakob. Er blieb bei der Geige. Ihr Klang überzeugte auch Thorben, der zugibt: „Ich wollte ja erst nicht. Doch dann habe ich gehört, wie schön die Geige klingt.“
„Aus jeder Instrumentenfamilie haben wir ein Angebot“, sagt André Baumeister und ergänzt die Aufzählung der Grundschüler um Blockflöte und Trompete. 26 kindgerechte Instrumente hat die Orchesterschule mit finanzieller Unterstützung der Sparkasse Westmünsterland angeschafft. Kosten insgesamt: 10.000 Euro. Die Leihgebühr für jedes Instrumente ist in dem Monatsbeitrag von 25 Euro enthalten, den die Eltern für den zusätzlichen Unterricht ihrer Kinder während des zweiten Grundschuljahres bezahlen.
„Wir möchten allen Kindern, die ein Instrument erlernen möchten, die Chance dazu geben“, erläutert Baumeister die Motivation der Musikkapelle, eine Orchesterschule zu gründen und eine Kooperation mit der Mariengrundschule einzugehen (die BZ berichtete). „Der Unterricht im vertrauten Raum mit Freunden ist ein Vorteil“, beobachtet Schulleiterin Birgit Möllers. Sie erlebt derzeit mit, mit welcher Hingabe die jungen Musiker sich den Instrumenten widmen und zunächst die Grundtechniken erlernen.
Bei der Trompete zum Beispiel. „Da musst du die Lippen anspannen“, erklären Jan, Joost und Christopher übereinstimmend, wie dem blechernen Instrument wohlklingende Töne zu entlocken sind. Auch die Klarinette braucht eine gezielte Atemtechnik. „Das mit den Fingern klappt von allein“, meint Pauline.
Dennoch: Auch sie muss üben. „Zehn Minuten jeden Tag“, sagt Jakob, der seine kleine Schwester und seinen Bruder als Zuhörer hat. Das Üben mache Spaß, versichern die Kinder im Chor.
Wenn dieses Interesse über das zweite Schuljahr hinaus bestehen bleibt, würde es Baumeister freuen. Denn die Freude an der Musik und an einem Instrument ist das Ziel, das die Orchesterschule mit ihrem Projekt verfolgt. Dafür hat sie fünf professionelle Lehrer engagiert, die die Kinder unterrichten. Kurz vor Weihnachten wollen die jungen Musiker Eltern und Mitschülern eine Probe ihres Könnens präsentieren.
Borkener Zeitung, 22. November 2014