Kinder machen Martin Luther bunt
Zeitreisende erzählt den Grundschülern der Marienschule die Geschichte von der Reformation
von Jacqueline Beckschulte
HEIDEN. Mit ihrem fliegenden Hocker ist Margarete durch die Zeit gereist und in der Marienschule in Heiden gelandet. Die Zeitreisende ist vor 500 Jahren geboren – in der Zeit der Ritter und der Reformation. Und sie möchte den Kindern der Klasse 1a die Geschichte eines „mutigen Mannes“ erzählen, die Geschichte von Reformator Martin Luther.
In dem altertümlichen Gewand der Margarete steckt Lehrerin Isabell Schmidt-Niermann. Die evangelische Religionslehrerin ist eigentlich in Elternzeit, aber das Thema liegt ihr so am Herzen, dass sie es auch den Schülern näherbringen möchte. Eine ganze Woche lang können die Klassen des ersten bis vierten Schuljahrgangs in die Aula der Marienschule kommen. Dort erzählt Schmidt-Niermann alias Margarete den Kindern lebhaft – ähnlich wie in einem Theaterstück – die Geschichte von Martin Luther. Immer angepasst an das Alter der Grundschüler. Als Unterstützung mit dabei ist Handpuppe Alo, die es für die Lehrerin einfacher macht, den Draht zu den Kindern zu finden. Höhepunkt am Ende der Geschichte: Jedes Kind darf sich auf der riesigen Luther-Statue, die in der Schule steht, verewigen. Entweder mit seinem Fingerabdruck oder dem Namen und das in den buntesten Farben.
„Wir als Schule haben einen Bildungsauftrag“, findet Isabell Schmidt-Niermann. Und wenn nicht in diesem Jahr ausführlich mit der Reformation auseinandersetzen, wann denn dann? „Wir hoffen, dass über diese Aktion nicht nur die Kinder etwas lernen, sondern auch die Eltern und Geschwister etwas vom Reformationsjahr mitbekommen“, erklärt die Religionslehrerin. Als eine Chance für die Ökumene sieht auch Schulleiterin Birgit Möllers das Reformationsjahr. „Ein Freund von uns meinte scherzhaft, wir kämen alle in die Hölle, weil wir eine Luther-Statue in einer katholischen Schule aufgestellt haben“, erzählt Möllers und lacht.
Die riesige, ursprünglich komplett weiße, Figur ist eine Leihgabe der evangelischen Kirchengemeinde Gescher-Reken. Am 31. Oktober des vergangenen Jahres wurden von Münster aus 30 solcher Statuen ins gesamte Münsterland geschickt. Vier Wochen lang verweilt eine davon nun in Heiden. Ab kommenden Donnerstag ziert der bunte Martin Luther den Heidener Marktplatz und empfängt die Dritt- und Viertklässler zum ökumenischen Gottesdienst in der St.-Georg-Kirche. „Wir wollen in der Grundschule schon den ökumenischen Gedanken prägen“, meint Möllers. Deshalb habe man sich dazu entschlossen, in den ersten und zweiten Klassen den Religionsunterricht von Katholiken und Protestanten zusammenzulegen. In den höheren Klassen findet er getrennt statt.
Dass einige Kinder bibelfest sind und andere mit Kirche wenig am Hut haben, stellt auch Margarete während ihrer Geschichte fest. Als sie den Kindern das geheimnisvolle Zeichen – die Luther Rose – zeigt, zeichnet sich in den meisten Gesichtern Ratlosigkeit ab. Ein Mädchen weiß Bescheid. Und auch Begriffe wie Kloster und Mönch sind den Kindern noch wenig geläufig. Gut, dass Margarete durch die Zeit gereist ist und in Heiden gelandet ist. Mit ihrer Geschichte hat sie nicht nur bei den Kindern Licht ins reformationsgeschichtliche Dunkle gebracht.
Borkener Zeitung, 20. Oktober 2017